Über mich

Oaxaca, Mexico
Mal wieder hat mich das Fernweh gepackt. Dieses Mal geht es für drei Monate nach Mexiko. Damit ich nicht wieder sämtliche E-Mail Postfächer mit meinen Reiseberichten sprenge, werde ich euch ab sofort hier auf dem Laufenden halten. Viel Spaß!

Mittwoch, 5. Januar 2011

Like a rolling stone

Einen Monat befinde ich mich jetzt schon hier in Santa Catarina Minas. Zeit, sich rückzubesinnen was mir bisher so alles passiert ist…

Einen Monat bin ich schon von Menschen umgeben, die ausschließlich Spanisch sprechen, eine andere Hautfarbe haben und denen Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Planung nicht einmal halb so viel bedeuten wie mir.

Einen Monat schon wohne ich in einem Dorf, dessen Straßen den Name Straße nicht verdienen, das inmitten wunderschöner Berge und beeindruckender Natur gelegen und trotzdem so ausgetrocknet ist, dass nicht jeder ungehinderten Zugang zu Wasser hat. 

Einen Monat schon wohne ich in einem Haus das aus Lehm und Agave gebaut wurde, das keine Dusche und keine Klospülung hat und in dem fast täglich ein Huhn durch die Küche spaziert. 

Einen Monat wohne ich schon in einem Zimmer ohne Tür und ohne Privatsphäre. 

Einen Monat schon lebe ich in einer Familie, deren Vater nicht ohne Waffe aus dem Haus geht, der jetzt zum Presidente seines Dorfes gewählt wurde, der seinen Kopf voller guter Ideen für sein Dorf hat und fest davon überzeugt ist dass er in seiner dreijährigen Amtszeit erschossen wird. In einer Familie, in der die Mutter ausschließlich kocht, putzt und sich um die Kinder kümmert, in der die Eltern mit ihren beiden Kindern in einem Zimmer schlafen und die Mutter mir gelegentlich ihr Herz über all ihre Eheprobleme der letzten 14 Jahre ausschüttet. 

In einem Monat habe ich zahlreiche mexikanische Fiestas kennengelernt – Bin stundenlang irgend einen Heiligen feiernd durch die Straßen gezogen, habe Weihnachten geholfen eine Piñata zu zerschlagen und an verrückte Menschen Süßigkeiten zu verteilen, habe seltsame Spiele auf einer Hochzeit mitgemacht und die ganze Nacht zu Salsa und Merengue getanzt, mich über das Prinzessinnen-Outfit des Geburtstagskindes des „15 años“-Geburtstages gewundert und habe auf einer Beerdigung bei einem kilometerlangem Fußmarsch durch das Bergtal einer alten Dame die letzte Ehre erwiesen.

In nur einem Monat habe ich gelernt mit gar nichts mehr fest zu rechnen, einfach in den Tag zu leben und sich auf alles einzulassen was kommt – manchmal klappt es mehr, manchmal weniger. 

In einem Monat habe ich fast täglich meine Grenzen überwunden – Ich lebe zusammen mit Hunden, renne nicht schreiend vor aggressiv blickenden Straßenkötern davon, bleibe gelassen wenn ich im Bad eine Maus entdecke, kommentiere das Huhn unterm Esstisch nur mit „Ach, Huhn!“ (und das auch noch auf Spanisch!), habe Würmer und Kuhmagen gegessen, habe einen Pick-up durch Flüsse und Berge gesteuert, bin durchs Fenster in unser Haus eingestiegen und gelassen geblieben wenn mein Gastvater mich gezwungen hat blutige, gewalttätige Filme über Mexiko anzuschauen, um mir hinter her zu erklären: Das ist die Realität. Das ist Mexiko!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen