Über mich

Oaxaca, Mexico
Mal wieder hat mich das Fernweh gepackt. Dieses Mal geht es für drei Monate nach Mexiko. Damit ich nicht wieder sämtliche E-Mail Postfächer mit meinen Reiseberichten sprenge, werde ich euch ab sofort hier auf dem Laufenden halten. Viel Spaß!

Donnerstag, 9. Dezember 2010

Expect the unexpected

Meine Arbeit in Santa Catarina Minas hat begonnen. Und obwohl ich erst vier Tage hier bin, habe ich schon so viele Eindrücke gewonnen, dass ich gar nicht weiß wo ich anfangen soll. Das Wichtigste ist jedoch, dass sich das Motto meiner Organisation in Deutschland mehr als bewährt hat: Expect the unexpected!!! Hier ist wirklich NICHTS so, wie man es sich vorstellt. Nichts entspricht den Erwartungen. Alles kommt anders als man denkt. Das ist also meine erste Lektion. Meine zweite Lektion: Habe Geduld! Viel Geduld! Hier geht alles ein bisschen langsamer und wer mich kennt weiß, dass es mir wirklich schwer fällt zwei Stunden zu warten, wenn es eigentlich heißt "Wir fahren jetzt los!". Aber ich fang mal von vorne an und versuche nichts zu vergessen.

1.Tag: Am Sonntag wurde ich morgens von einem jungen Mexikaner namens Miguel bei meiner Gastfamilie in Oaxaca abgeholt. Ab diesem Zeitpunkt habe ich nur noch Spanisch gehört und gesprochen. Denn hier kann niemand ein Wort Englisch... Miguel hat mich nach Santa Catarina Minas gebracht und mich den ganzen Tag beschäftigt. Ich glaube er wird dafür bezahlt dass er sich um mich kümmert ;) Im Ernst. Aber er ist wirklich total nett, 25 Jahre alt und studiert in Oaxaca. Er hat mich gleich ein paar Freunden vorgestellt und bevor ich überhaupt wusste, wo ich die nächsten zwei Monate wohnen werde bin ich den ganzen Tag mit den dreien durch die Gegend gezogen. Abends habe ich dann endlich erfahren, wo ich wohnen werde: Nicht bei der Familie, die auf meinem Infoblatt vorgestellt wurde. Sondern bei Eduardo selbst, der (wie ich bis dahin noch dachte) "Projektleiter". Nach anfänglichen Kommunikationsschwierigkeiten und Missverständnissen hab ich einigermaßen verstanden, was meine Aufgabe sein wird... Mal sehen... Eigentlich gibt es noch kein Projekt. Das war erst mal etwas schockierend für mich. Aber mittlerweile hat sich alles geklärt und ich glaube dass meine "Aufgaben" sogar besser sind als ursprünglich gedacht. Ich versuche es zu erklären:
Eduardo wurde zum Bürgermeister gewählt und tritt am 1.1. sein Amt an. Bis dahin sind ihm ziemlich die Hände gebunden, was für mich bedeutet: Die Dorfgemeinschaft kennenlernen UND Spanisch lernen. Eduardo hat sehr viele Pläne für sein Dorf, unter anderem sollen die Menschen hier besser zusammenarbeiten, um die Ressourcen vor Ort auszunutzen, sprich für sauberes Wasser sorgen und die Natur erhalten. Und das Ganze bei einer hohen Analphabetenrate die auch noch gesenkt werden soll und sehr schwierigen politischen Rahmenbedingungen. Für mich ist das ziemlich interessant, da es sowohl sehr viel mit Politik als auch mit Soziologie zu tun hat.
Aber zurück zum ersten Tag: Natürlich wurde ich gleich mal gezwungen Mezcal zu trinken - mittlerweile schon normal für mich, denn meine Gastfamilie verdient ihren Lebensunterhalt mit dem Verkauf von selbstproduziertem Mezcal. An diesem Abend hab ich außerdem gleich mal einen Wurm gegessen - gesalzen. Das ist hier eine Delikatesse. Schmeckt einfach nur nach Salz, wird aber gegessen wie Chips und ist sehr teuer, weil es von diesen Würmern nicht all zu viele gibt und sie schwer zu "ernten" sind weil sie in Kakteen leben... Seltsam war für mich, dass meine Gastmutter an diesem Abend kein Wort mit mir und den anderen Gästen gesprochen hat und nur in der Küche rumgerannt ist. Mittlerweile verstehe ich mich mit ihr recht gut und habe verstanden, dass das wohl zum mexikanischen "machismo" gehört: Der Mann arbeitet und wird bedient ;) Mehr oder weniger. Die Frauen kümmern sich den ganzen Tag nur um Haushalt und Kinder und halten sich in der Regel aus allem anderen raus. Sie kochen drei Mal am Tag - immer dann wenn der Mann es wünscht. Sehr gewöhnungsbedürftig wie ich finde...
Nach Gespräch und Essen ging es auf meine erste mexikanische fiesta: Im Dorf war eine kleine Arena aufgebaut - zum Bullenreiten. Wow, ich hätte wirklich nicht gedacht, dass ich so was verrücktes wirklich mal sehen werde! Tatsächlich ist sogar ein Bulle ausgebrochen und hat sich auf den Weg Richtung Puplikum gemacht. Zum Glück konnten sie den noch einfangen. Insgesamt haben zwölf Mexikaner auf zwölf verschiedenen durchgedrehten Bullen versucht zu reiten. Mann, das ist ganz schön brutal und ich kann eigentlich echt nicht verstehen, wie man das gut finden kann... Aber es war interessant anzusehen. Natürlich gab es wieder jede Menge Essen nebenbei! Und zu meinem Entsetzen war es arschkalt! So bald die Sonne weg ist hat es nur noch 8-10 Grad, was sich für euch momentan vielleicht viel anhört, aber hier mit dem Wind in den Bergen ist das auch ziemlich kühl!
Wieder zurück im Haus hab ich mein Zimmer bezogen: Ohne Tür (nur Vorhang) und inklusive Kleiderschrank der Familie, was bedeutet dass die ständig in mein Zimmer rennen und sich Klamotten rausholen... Naja... Die Toilette ist auch nur mit einem halben Vorhang verdeckt und ist eine Art Plumpsklo - um Wasser zu sparen. Aber es stinkt nicht, denn man streut nach Beendigung seines Geschäfts ein Pulver ins Klo, das das Ganze dann wohl irgendwie zersetzen soll... Auch eine Dusche gibt es nicht. Man wäscht sich bzw. spritzt sich mit Wasser aus der Tonne ab - das auch nur warm ist wenn der Schlauch aus dem es kommt in der Sonne gelegen war, also nur mittags. Soweit die Kurzfassung. Ich kann nur sagen: Ich weiß jetzt wirklich wie sich ein Kulturschock anfühlt. Besonders am Sonntag war ich ganz schön überfordert!
Leider muss das fürs erste Mal reichen. Ich werde die weiteren Tage so bald es geht nachtragen. Aber ich bin hundemüde und weiß mal wieder nicht, was morgen auf mich zukommen wird: Expect the unexpected... So true...

Mein Bett - viel mehr hat mein Zimmer auch nicht zu bieten ;) Achja, ein Poncho als Vorhang...

Küche + Esszimmer

Waschraum mit Treppe zum Klo (<- hinterm Vorhang)

So sehen die Wände aus. Eine Mischung aus Steinen, Lehm und Agave

Und natürlich jede Menge Mezcal im Haus... ;)

2 Kommentare:

  1. Hi Madeleine, das hört sich wirklich sehr spannend an. Mezcal ist bestimmt jetzt schon Dein neues Lieblingsgetränk und geht vermutlich nicht aus. :-) Lg Sabrina

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  2. @Sabrina: Lieblingsgetränk nein!! Das Zeug is so stark! Aber aus Höflichkeit muss man hier ab und zu mal einen mittrinken...

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